Erziehung und Unterricht als Aufgaben der Benediktinerabtei Metten in Geschichte und Gegenwart


Wenn wir über das Thema "Benediktiner und Erziehungsarbeit" nachdenken, dann läßt sich wohl ohne Übertreibung sagen, daß sich die Söhne des heiligen Benedikt von Anfang an bis heute, also seit nahezu 1500 Jahren, um die Erziehung junger Menschen gemüht haben.

Als gegen Ende des 6. Jahrhunderts die Söhne des Hl. Benedikt das von den Langobarden zerstörte Kloster Montecassino verlassen mußten, kam mit ihnen auch die Regel ihres Ordensvaters nach Rom. Von dort aus fand sie dann zunächst nur vereinzelt, später aber immer mehr Verbreitung in Europa. Vielfach begleitete die Regel des Hl. Benedikt die Christianisierung des Abendlandes und wurde so insgesamt zum Instrument der Erziehung auf Christus hin.
Besonders deutlich wird dieses Miteinander von Missionsarbeit und Verbreitung der Benediktsregel erstmals bei der Christianisierung Englands. Dort finden wir die ersten bedeutenden Klosterschulen. Diese Aufgabe übertrug auch Bonifatius seinen Klostergründungen in Deutschland. Die von ihm gegründeten Klöster waren stets auch Bildungszentren, und so wurde grundgelegt, was Jahrhunderte hin durch Gültigkeit haben sollte: Die Grundlegung des Christentums wird verbunden mit der Grundlegung allgemeiner Bildung, wobei die Benediktsregel Hilfestellung leistet.
Das, was die angelsächsischen Missionare, allen voran Bonifatius, begonnen hatten, erfuhr während der fast ein halbes Jahrhundert dauernden Regierungszeit Karls des Großen (768-814) eine erste Blüte: die Benediktiner wurden zu Trägern von Kultur und Bildung. Besondere Bedeutung erreichten in Deutschland dabei die Klosterschulen der Abteien in Fulda und auf der Reichenau.

Aber auch in Bayern waren die Mönche die Lehrmeister des Volkes nicht nur in den Schulen, sondern ebenso was Ackerbau, Viehzucht und Handwerk angeht.
Unter den Benediktinerabteien der Bayerischen Benediktinerkongregation kommt unserer Abtei insofern eine besondere Bedeutung zu, da sie als erstes der bayerischen Benediktinerklöster nach der Säkularisation des Jahres 1803 bereits 1830 wiedereröffnet wurde.

Als im Jahre 1803 die Aufhebung der Abtei Metten verfügt wurde, blickte das Kloster des hl. Michael bereits auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurück.
Das genaue Gründungsdatum ist allerdings nicht bekannt. Die älteste Erwähnung verweist auf eine Annäherung an das Jahr 766. Die Legende führt die Gründung Mettens auf den Edlen Gamelbert, den Pfarr- und Grundherrn von Michaelsbuch, zurück. Er soll dem seligen Utto, dessen Beziehung zu Gamelbert sogar verwandtschaftlicher Art gewesen sein könnte, das Kloster zur Leitung übergeben haben. Inwieweit Mönche von der Reichenau am Aufbau von Metten beteiligt waren, kann nicht genau gesagt werden.
Die Anfänge mögen also zu bescheiden gewesen sein, als daß sie einer zeitgenössischen Notiz gewürdigt wurden. Immerhin war die Gründung im Jahre 792 aber schon soweit gediehen, daß Karl der Große, seit 788 neuer Herrscher in Bayern, sich dafür einsetzen wollte. Im Aachener Klosterverzeichnis zählt Metten zur dritten Kategorie, welche für Kaiser und Reich zu beten hatte, von materiellen Pflichten jedoch befreit war.

In den ersten zwei Jahrhunderten seines Bestehens trug Metten wesentlich zur Rodung und Christianisierung im Gebiet des Bayerischen Waldes und der Ostmark bei. Bereits im 10. Jahrhundert erlebte die Mönchsgemeinde jedoch, bedingt durch die Ungarneinfälle und die Enteignung von Grundbesitz, vor allem unter Herzog Arnulf, eine Zeit des Niedergangs, und an die Stelle der Mönche traten Kanoniker. Eine Erneuerung des benediktinischen Lebens bewirkte im Jahre 1157 der Babenberger Herzog Heinrich Jasomirgott durch die Verlegung der Kanoniker nach Pfaffmünster und die Wiedereinführung der Mönche. In den folgenden Jahrhunderten erfuhr das Kloster abwechselnd immer wieder Zeiten der Blüte und auch solche, in denen der äußere und innere Bestand gefährdet war. Der Großbrand im Jahre 1236, bei dem das ganze Kloster ein Raub der Flammen wurde, bedeutete einen schweren Rückschlag in der Entwicklung. Nach dem Wiederaufbau unter Abt Albert in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts konnte sich über längere Zeit hin kulturelles Leben in Metten entfalten. Die Entwicklung einer bedeutenden Schreib- und Malschule nahm damals ihren Anfang und gelangte im 15. Jahrhundert zu ihrer vollen Blüte. Der Regelkodex des Priors Albert von 1410 ist durch seine prachtvollen Miniaturen bekannt geworden.

Nach einer Zeit des Niedergangs im 16. Jahrhundert, setzte der Konvent bei der Abtwahl von 1595 seine ganze Hoffnung auf P. Johannes Nablas, den Ökonom der Abtei St. Emmeram in Regensburg. Unter Abt Johannes (1595-1628) und seinem Nachfolger Abt Christoph Guetknecht (1628-1645) erstarkte das Kloster so sehr, daß es auch die Wirren des Dreißigjährigen Krieges - trotz Plünderung und zahlreicher Verluste durch die Pest - überstand.
Vom ausgehenden 17. Jahrhundert bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts bauten und erneuerten die Äbte noch einmal großzügig. Hohe Steuern, die kostspielige Fertigstellung der Bauten und die wenig sorgsame Wirtschaftsführung des vorletzten Abtes Lambert Kraus (1770-1790) ließen die Schuldenlast anwachsen.
Abt Cölestin Stöckl (1791-1803/07) kämpfte zwar gegen die Untergangsstimmung, es war ihm aber nicht gegönnt, einen Erfolg seiner Mühen zu erleben. Schon im Herbst 1802 erschien der erste staatliche Kommissär in der Abtei, um Hab und Gut zu inventarisieren und sicherzustellen. Am 21. März 1803 wurde dem Abt und den im Kloster anwesenden Konventualen die Aufhebung verkündet.
Damit fand nicht nur das klösterliche Leben, sondern auch das pädagogische Arbeiten der Mönche ein jähes Ende.

Ein solches pädagogisches Arbeiten - eine eigene Mettener Schultradition - kann bereits seit dem 14. Jahrhundert nachgewiesen werden. Diese klosterinterne Schule wird zunächst vorwiegend für den hauseigenen Nachwuchs gedient haben.
Daraus entwickelte sich im 17. Jahrhundert ein Seminar für Sängerknaben, in dem den Schülern außerhalb des Musikunterrichtes auch eine der Zeit entsprechende Allgemeinbildung vermittelt wurde. Zeitweilig unterhielten die Mönche in Metten auch eine eigene kleine Hochschule für das theologische Studium der jungen Mönche des eigenen und anderer bayerischer Klöster.

Die eigentliche pädagogische Tätigkeit aber begann, als König Ludwig I. 1830 Metten als erstes Benediktinerkloster wieder errichtete. Für eine Anknüpfung in pädagogischer Hinsicht sollte sich nämlich Gelegenheit ergeben durch die Form der Betätigung, die der königliche Stifter in treuer Ausführung des Konkordates von 1817 dem Kloster zuwies.
Schon 1827, als die Wiedererrichtung sich im Stadium der Vorbereitung befand, heißt es in einem königlichen Erlaß vom 26. April dieses Jahres im Artikel III: "Dieses Kloster soll in Gemäßheit des VII. Artikels des Konkordates nebst der Verbindlichkeit zur seelsorglichen Aushilfe und zum Betriebe wissenschaftlicher Forschungen auch die Bestimmung haben, ein Seminar zu unterhalten, in welchem fähige Knaben in der Musik und den Anfangsgründen der lateinischen Sprache gegen mäßige Verpflegungskosten zu unterrichten und für die öffentlichen Schulen vorzubereiten sind."

Es war freilich ein bescheidener Anfang: Zwölf Knaben genossen im Schuljahr 1831/32 in zwei Kursen Unterricht; 1834 wurde eine dritte Klasse angefügt. Aber schon im nächsten Jahre wurde diese bescheidene Schule wieder aufgelöst. Nach den Plänen des liberalen Ministers Fürst Wallerstein sollte Metten die als Lehrkräfte geeigneten Konventualen dem als Zentralkloster gedachten Kloster St. Stephan in Augsburg zur Verfügung stellen. Mehrere Jahre lang war die Lage für Metten sehr ungewiß.
Durch dringende Vorstellungen kirchlicher und weltlicher Behörden, besonders des Bischofs Schwäbl von Regensburg, sowie durch eine Bittschrift Mettener Konventualen wurde der König dazu geführt, gegen Wallersteins Pläne einzuschreiten.
Auf ausdrücklichen königlichen Befehl wurde im Oktober 1837 die Schule in Metten wieder errichtet, und zwar als eine den staatlichen Anstalten gleichgestellte Lateinschule. Als eigentliches Gründungsjahr des Gymnasiums Metten, das sich in der Folge aus der Lateinschule entwickelte, wird man also das Jahr 1837 bezeichnen müssen. Im Schuljahr 1839/40 waren die vier Klassen erreicht, die damals für eine ausgebaute Lateinschule erforderlich waren.

Die Leitung der Schule hatte schon bald nach der Wiederbegründung Dr. P. Willibald Freymüller übernommen, der für die weitere Entwicklung von großer Bedeutung werden sollte. Zugleich wurde er mit der Leitung des Seminars betraut.
In seinem Bericht für das Schuljahr 1838/39 kündigte er an, daß für die Söhne minderbemittelter Eltern ein zweites Seminar errichtet werde, in dem bei einfacher Verpflegung ein geringeres Pensionsgeld zu entrichten sei. Beide Seminare, das I. und das II., führten den Namen "Klosterseminar", weil sie auf Rechnung des Klosters unterhalten wurden im Unterschied zum später entstehenden "Bischöflichen Seminar". Das I. Seminar wurde von mancher Seite als "Adeliges Seminar" bezeichnet, was aber insofern nicht den Tatsachen entsprach, als die Mehrzahl der Zöglinge bürgerlicher Abkunft war.

Da eine Anzahl vielversprechender Novizen vorhanden war, schien sich eine gedeihliche Entwicklung anzubahnen. Aber das Vertrauen König Ludwigs zu den Mettener Benediktinern ließ in ihm den Plan wach werden, sie auch in der Landeshauptstadt zu verwenden. 1840 mußte Metten das königliche Erziehungsinstitut Holandeum, später Albertinum genannt, übernehmen und 1842 auch das damit verbundene Ludwigs-Gymnasium. An letzterem waren in den folgenden Jahren stets Mettener Patres tätig.
Eine weitere Aufgabe hatte Metten in jener Zeit erhalten: Es mußte bei allen Klosterneugründungen der kommenden Jahre wenigstens für den Anfang Kräfte zur Verfügung stellen und überdies die Seelsorge in fünf Pfarreien übernehmen. Eine wertvolle Kraft verlor Metten außer dem mit P. Bonifaz Wimmer, der durch seine Gründung von St. Vincenz und anderen Niederlassungen den Benediktinerorden in Nordamerika einführte. So verzögerte sich der Ausbau des Mettener Gymnasiums.

Trotz dieser vielfachen Verpflichtungen wollte sich Metten nicht dem Wunsche des Diözesanbischofs Valentin Riedel versagen, der 1843 Abt Gregor seine Absicht eröffnete, das Bischöfliche Theologenseminar seiner Diözese zu erweitern durch Anfügung eines Knabenseminars, das er unter die Leitung der Benediktiner von Metten stellen wollte.
Damit war von selbst die Aufgabe gestellt, die Lateinschule zum Gymnasium auszubauen. Im Oktober 1844 zogen die ersten bischöflichen Seminaristen ein; mit Rücksicht auf die beschränkten Raumverhältnisse konnten nur 40 aufgenommen werden, die sich auf die ersten zwei Klassen verteilten. Der erste Direktor des Bischöflichen Seminars wurde der spätere Abt, P. Utto Lang. 1845 wurde im Westen ein Neubau errichtet, der später durch einen Nordtrakt Ergänzung fand. Nun ging die Schülerzahl sprunghaft in die Höhe. Es wurde im Schuljahr 1847/48 die 1. Gymnasialklasse und in den folgenden Jahren jeweils die nächsthöhere angefügt.
In einem Hirtenbrief vom 18. Dezember 1849 heißt es: "Die Räume des Knabenseminars sind im verflossenen Sommer durch einen vom Stifte Metten aufgeführten kostspieligen Neubau so erweitert worden, daß 200 Zöglinge gesund und bequem darin wohnen können." Auch für die nötige Verköstigung war gesorgt, wie folgendem kurzen Bericht zu entnehmen ist: "Die Verköstigung der Zöglinge bestand anfänglich in Mittagessen und Abendsuppe mit Brot. 1858 kam dazu eine Morgensuppe; man kam nämlich zu der Ansicht, daß ein ausgewachsener Herr Kooperator es leichter aushält mit nüchternem Magen ein spätes Hochzeits- oder Leichenamt zu singen, als wenn ein wachsender Junge mit hungrigem Magen vier Schulstunden erledigen soll. Noch andere Zulagen und Verbesserungen wurden im Wechsel der Direktoren eingeführt; aber die Kost blieb einfach, gesund und hinreichend, wenn auch die Kunst oder das Handwerk der Herstellung Abstufungen zeigte. Direktor P. Leo Mergel, der spätere Bischof von Eichstätt, hat genaue Aufzeichnungen hinterlassen, an welchen Tagen es besondere Zutaten an Kuchen oder Brezeln gab und wie viel Bier die einzelnen Klassen zu bestellen das "Recht" hatten; denn in jener Zeit, wo das Selbstbewußtsein des deutschen Mannes von der Zahl der vertragenen Seidel mitbestimmt wurde, mußte die Annäherung an die Reife nach außen sichtbar werden an dem steigenden Quantum Bier."

Im Sommer 1851 konnte die erste Reifeprüfung, damals Absolutorium genannt, stattfinden. Der Erfolg war ein sehr ermutigender: von den 19 Abiturienten bekamen acht die Hauptdurchschnittsnote I, sechs die Note II, fünf die Note III (bei insgesamt vier Notenstufen). In den folgenden Jahren waren die Ergebnisse der Prüfung sogar noch günstiger, obwohl sechs Jahre nacheinander ein vom Ministerium bestellter Kommissär den Vorsitz führte.
1854 mußten sämtliche Reifeprüfungsaufgaben aus ganz Bayern an das Ministerium eingesandt werden. Darauf erging ein Ministerialerlaß nach Metten, nach welchem das Resultat "einen sehr erfreulichen Beweis von den Ergebnissen der Wirksamkeit der Anstalt gibt, welche hiernach nicht nur als die erste unter den niederbayerischen Studienanstalten erscheint, sondern auch unter die besten des Königreiches zu zählen ist."
Weiterhin heißt es: "Es ist daher sowohl dem gesamten Lehrerpersonale die besondere Anerkennung des unterzeichneten königlichen Staatsministeriums für seine erfolgreiche Tätigkeit um so mehr auszusprechen, als die Anstalt auch in disziplinärer Beziehung Vorzügliches leistet und der Zweck der Erziehung in derselben ebenso eifrig verfolgt wird wie der Unterricht."

Immer wieder gab es in den folgenden Jahren Schwierigkeiten mit der Besetzung der Ämter in Gymnasium und Internat, zumal von Seiten der Regierung darauf gedrängt wurde, daß Mitbrüder, die keine Lehrerprüfung abgelegt hatten, nicht mehr unterrichten dürften. 1872 suchte man diesem Mangel an Kräften dadurch abzuhelfen, daß die beiden Klosterseminare in eines zusammengezogen wurden. Direktor wurde nun P. Matthäus Lipp, der sowohl die Leitung des Gymnasiums als auch des vereinigten Klosterseminars übernahm.
Mit Beginn des Schuljahres 1877/78 mußte Abt Utto schließlich auf Kosten des Klosters einen weltlichen geprüften Lehrer anstellen. Durch Todesfall wurde im gleichen Jahr 1877 die Anstellung einer zweiten weltlichen Lehrkraft notwendig. Insgesamt waren dann in den Jahren 1878 bis 1939 unter den Direktoren P. Matthäus Lipp, P. Godehard Geiger und P. Leander Schönberger neben den ordenseigenen Lehrern über 50 weltliche Lehrkräfte am Gymnasium tätig.

Dann kamen die schweren Tage des Dritten Reiches. Durch Ministerialentschließung vom 29.12.1937 wurde für Metten, wie für alle klösterlichen Anstalten, der stufenweise Abbau verfügt, so daß im Schuljahr 1938/39 keine 1. Klasse mehr vorhanden war. Schließlich verfügte das Ministerium durch Entschließung vom 20. Januar 1939 die sofortige Schließung der Anstalt mit Wirkung ab Ende des Schuljahres zu Ostern.

Der damalige Direktor des Klosterseminars, Dr. P. Amand Bielmeier, schrieb am 5. Februar 1939 folgenden Brief "an die werten Eltern unserer Zöglinge":
"Wir müssen den Eltern unserer Zöglinge leider die Mitteilung machen, daß auf Grund einer neuerlichen Verfügung des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus eine Weiterführung der Studienanstalt und der Seminare der Benediktinerabtei Metten ab Ostern nicht mehr möglich ist.
Wir haben heute die Zöglinge davon verständigt und bitten nun die Eltern, sofort Schritte zu ergreifen, um die Schüler im neuen Schuljahr anderswo unterzubringen. In vielen Fällen dürfte ein möglichst baldiger persönlicher Besuch in Metten von großem Vorteil sein, vor allem aus dem Grund, um die verwirrende Ungewißheit den Zöglingen zu nehmen, die das Studium sonst sehr beeinträchtigen könnte. Für alles uns in langen Jahren entgegengebrachte und bis zuletzt bewahrte Vertrauen sagen wir den werten Eltern unseren herzlichen Dank. Wir werden den Lebensweg unserer Zöglinge fernerhin mit aufrichtiger Teilnahme und unserem Gebet begleiten."

Am 31. März 1939 versammelten sich noch einmal Lehrer, Schüler und Gäste zu einer letzten Feier, der Abschiedsfeier vom Gymnasium. Abt Corbinian Hofmeister selbst übernahm es, der "Alma Mater Metamensis" die Leichenrede zu halten. Mit klaren, aber auch wohlabgewogenen Sätzen prangerte er die nationalsozialistische Gewalttat an, indem er die Tatsachen sprechen ließ: "Wir kritisieren nicht, wir konstatieren."
In kurzen Zügen ließ er Begründung und Entwicklung der Anstalt vor den Anwesenden erstehen und wies hin auf die Erfolge, die die Schule aufweisen konnte, auf den ideellen und materiellen Beitrag, den sie für Staat und Kirche geleistet. Er dankte dabei den Schülereltern, die trotz aller Schwierigkeiten und Drohungen bis zuletzt ihre Söhne in Metten belassen hatten und schloß mit der Mahnung an die scheidenden Schüler, die Mettener Grundsätze auch in anderer Umgebung und unter anderen Einflüssen hochzuhalten.

Ein würdiges Finale einer mehr als hundertjährigen Vergangenheit! 1837 war die Schule gegründet worden, 1939 fand sie ihr - wenigstens vorläufiges - Ende.
Und mit ihr mußten auch die drei Seminare ihre Pforten schließen, das Klosterseminar, das gleichzeitig mit der Schule entstanden war, das Bischöfliche Seminar, das seit 1844 seine segensreiche Tätigkeit im Dienst der Diözese ausgeübt hatte, und das Ordensseminar, das von 1891 bis 1912 und wiederum von 1932 bis 1939 bestanden hatte. Oberstudiendirektor P. Leander Schönberger schrieb damals in einem Brief: "Das Gymnasium ist nun geschlossen! Wir müssen uns damit abfinden. Wir sind nicht mehr zeitgemäß. 1200 Jahre waren wir zeitgemäß und wir werden es wieder sein. Wir treten nicht ohne Schmerz, aber ohne Bitterkeit auf die Seite und warten auf die Früchte des Nationalsozialismus. Vielleicht wird man noch einmal froh um uns sein."

Zunächst galt es nun den neuen Verhältnissen Rechnung zu tragen und sich auf den Boden der geschaffenen Tatsachen zu stellen. Die Räume, die bisher der Erziehung und Bildung der Jugend gedient hatten, wurden, um einem Zugriff der Partei zuvorzukommen, an die Wehrmacht vermietet. Sie fanden bei Kriegsbeginn als Lazarett Verwendung und dann als Unterkunft für die Wehrmacht.
In einigen Räumen mußte ein Kinderlandverschickungs-Lager untergebracht werden. Dort nahm auch der schwere Brand seinen Anfang, der in der Nacht vom 19. zum 20. November 1942 große Zerstörungen anrichtete.
Ein weiterer Schlag für das Kloster war die Verhaftung des H.H. Abtes durch die Gestapo zu Ostern 1943. Erst unmittelbar vor Kriegsende konnte er zurückkehren.

Nach dem Ende des Krieges wurden die von der Wehrmacht verlassenen Räume von ungarischen Flüchtlingen besetzt. So kam es, daß die Wiedereröffnung der Schule sich immer wieder verzögerte. Ende 1945 fanden auch die Konventualen der Benediktinerabtei Braunau in Böhmen, der heutige Konvent der Abtei in Rohr, und eine Anzahl anderer Sudetendeutscher im Kloster eine Zuflucht.
Abgesehen von der Inanspruchnahme der Räume für die Flüchtlinge gab es eine Reihe anderer Tatsachen, die eine ernstliche Behinderung für die Wiedereröffnung von Gymnasium und Internat bedeuteten: Mehrere Lehrer waren seit der Aufhebung der Schule gestorben, einige vielversprechende junge Mitbrüder waren dem Krieg zum Opfer gefallen, die noch lebenden Lehrer waren um sieben Jahre gealtert. Da konnte sich die Frage stellen, ob man die Mühe einer Neugründung auf sich nehmen solle.

Aber durch die Verhältnisse selber wurde die Frage gelöst. Schon in den ersten Wochen nach dem Zusammenbruch kamen die Meldungen so zahlreich, daß man sich dem an das Kloster ergangenen Ruf nicht entziehen konnte. War vor hundert Jahren der Ruf zur Übernahme einer Schule vom Staate, bzw. vom König ausgegangen, so kam er jetzt aus den Reihen der christlichen Elternschaft und von heimatlos gewordenen jungen Leuten, die ihre Studien zu Ende führen wollten.

Nachdem durch viele Bemühungen wenigstens der eigentliche Gymnasialtrakt freigeworden war, konnte der Schulbeginn auf den 21. Mai 1946 festgelegt werden.
200 Schüler, die sich auf sechs Klassen verteilten, hatten Aufnahme finden können. Obwohl ursprünglich die Trennung in zwei Seminare vorgesehen war, brachte es die Entwicklung mit sich, daß alle Schüler in einem Seminar zusammengefaßt werden mußten. Die Räume des einstigen Bischöflichen Seminars blieben noch zwei Jahre lang von ungarischen Flüchtlingen besetzt. Deshalb wurden auch jene Schüler, die für das Bischöfliche Seminar angemeldet worden waren, dem Klosterseminar eingegliedert. Und so ist es auf Wunsch des Diözesanbischofs auch geblieben.
Von 1955 bis 1965 wurden die Kandidaten, die den Beruf zum Priestertum in sich fühlten und die Voraussetzungen dazu boten, in einer eigenen Abteilung zusammengefaßt, für die sich die Bezeichnung "Juvenat" eingebürgert hat.

Die Leitung des Gymnasiums wurde damals P. Willibald Weber, die Leitung des Seminars wieder P. Amand Bielmeier anvertraut. Bereits 1948 konnte die erste Reifeprüfung abgehalten werden. Die folgenden Jahre waren dem Wiederaufbau gewidmet. Durch einträchtiges Zusammenwirken aller maßgebenden Stellen konnten jeweils die nötigen räumlichen Voraussetzungen geschaffen werden.

Aus gesundheitlichen Gründen übergab P. Willibald mit dem Ende des Schuljahres 1962/63 die Leitung an Dr. P. Anselm Wimmer, der bis dahin als Lehrer sowie zehn Jahre als Erzieher, seit 1955 als Direktor des Seminars, erfolgreich gewirkt hatte. Obwohl selber ein überzeugter Humanist und klassischer Philologe, verschloß sich P. Anselm nie den Anforderungen der Zeit: so öffnete er 1969 das Gymnasium für Mädchen, führte den neusprachlichen Zweig ein und engagierte sich frühzeitig für die Einführung der Kollegstufe. Als er die Leitung des Gymnasiums im Jahre 1980 an den jetzigen Oberstudiendirektor P. Rupert Fischer übergab, hatte sich aber auch aus der "reinen" Internatsschule ein Miteinander von externen und internen Schülerinnen und Schülern entwickelt.

So hatte P. Gregor Reber 1963 das Internat mit etwa 350 internen Schülern übernommen. Diese hohe Zahl der Internatsschüler und der wachsende Raumbedarf des Gymnasiums machten unter seiner Leitung auch den Erweiterungsbau des Internates - den sog. Neubau - nötig. Dieser wurde in den Jahren 1966 bis 1971 geplant und erbaut. Seine Einweihung konnte am 27. Oktober 1971 noch Abt Dr. Augustinus Mayer vornehmen, bevor er wenige Wochen später als Erzbischof nach Rom berufen wurde und die Leitung unseres Hauses an Abt Emmeram Geser übergab.
Abt Wolfgang M. Hagl schließlich übertrug die Leitung des Internates am 1. November 1989 an P. Andreas Bosl und nach dessen Freistellung für die Seelsorge am 1. August 1992 an P. Erhard Hinrainer.

1960 besuchten 366 Schüler unser Gymnasium; 15 davon wurden als externe Schüler gezählt, d.h. sie kamen zur Morgenstudierzeit und gingen nach dem Abendessen wieder nach Hause. Zwanzig Jahre später - im Schuljahr 1980/81 - waren es 438 Schülerinnen und Schüler, von denen noch 209 im Internat wohnten. Momentan (Oktober 1995!) sind es 466 Schülerinnen und Schüler, die unser Gymnasium besuchen - die Höchstzahl in der Geschichte unserer Schule -, die von 30 angestellten Lehrerinnen und Lehrern und von 10 Mitbrüdern unterrichtet werden. Im Internat sind zur Zeit 99 Schüler. Diese werden von drei Patres, einem angestellten Diplompädagogen und einer pädagogischen Praktikantin betreut.

Wir sind dankbar dafür, daß unsere angestellten Lehrerinnen und Lehrer und unsere Mitarbeiter im Internat uns in den Aufgabenbereichen Erziehung und Unterricht unterstützen; denn nur so ist es momentan möglich, das Wort unseres Ordensvaters, des Hl. Benedikt, zu erfüllen, der in seiner Regel schreibt: "Ergo nihil operi dei praeponatur." - "Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden."

Vortrag von P. Erhard Hinrainer OSB anläßlich einer Tagung des Katholischen Schulwerkes in Metten am 14. Oktober 1995