"Bewegter Deutschunterricht"
Projekt aus der Fachschaft Deutsch des St.-Michaels-Gymnasiums, Metten,
durchgeführt von OStRin A. Schäfer (Dt/G/Ek, Unterstufenbetreuung)
und LAssin S. Pfab (Dt/Sport),
zum
SCHULENTWICKLUNGSTAG MIT DEM THEMA "MOTIVATION"
FH Deggendorf, 08.11.2003
"Im Fach Deutsch lernen wir, wie man sich richtig ausdrückt. Wir
gestalten Texte, schreiben sie und
versuchen sie zu verstehen. Wir erarbeiten Tipps, wie wir Sätze richtig
bauen, Wörter richtig schreiben.
Manchmal ist der Unterricht sehr lustig und macht richtig Spaß."
Diese Antworten gaben Schülerinnen und Schüler einer sechsten, siebten und
neunten Jahrgangsstufe
an unserer Schule, als meine Kollegin und ich unser Projekt vorstellten und mit
den Schülern
überlegten, wie wir es durchführen wollen.
Nach Ansicht der Befragten kommt Bewegung in den Deutschunterricht durch
Dehn- und Streckübungen,
durch Übungen zur Fitness, aber auch durch Projektarbeit, Partner- und
Gruppenarbeit, Basteln, Theater-
spielen, Zusammenarbeit mit den Fächern Sport, Kunst und Musik. Im Fach Deutsch
werde sehr viel Denksport
betrieben, gaben vor allem unsere Neuntklässler zur Antwort.
Während der Zusammenarbeit mit den Lehrkräften stellten die Schülerinnen
und Schüler fest, dass
Unterricht zum Teamwork zwischen Lehrern und Schülern wird, der Beitrag jedes
Klassenmitglieds sehr
wichtig ist, schwierige Schülerinnen und Schüler in die Klassengemeinschaft
eingebunden werden können
und dadurch nicht nur für die Leistungen im Fachbereich, sondern auch für die
soziale Kompetenz sehr viel
getan wird. Diese Erkenntnis förderte den Spaß an der Zusammenarbeit und
führte zu guten und sehr
guten Ergebnissen.
Das Projekt "Bewegter Deutschunterricht" wurde im Schuljahr 2002/03
in der fünften Jahrgangsstufe
begonnen.
Den Konzentrationsschwächen in der fünften und sechsten Stunde im Fach Deutsch
begegnete ich
mit der Einführung einer "bewegten Pause". Zu fetziger Rockmusik
studierte meine Sportkollegin fünf
Tanzschritte ein; als nach drei Wochen die Schritte bekannt waren, bauten wir
sie in den folgenden Wochen
aus. Dadurch hatten vor allem unkonzentrierte und lebhafte Schüler die
Möglichkeit, überschüssige Energie
loszuwerden und sich anschließend wieder auf den Unterricht zu konzentrieren.
Für die auf die Bewegungspause
folgende Stunde bot sich Textarbeit mit dem Lesebuch und anschließendes
Rollenspiel an.
Im Schuljahr 2003/04 entstanden in der siebten und neunten Jahrgangsstufe in
jeweils ca. sechs Deutschstunden
Plakate zum Literatur-, Aufsatz-, Grammatik- und Rechtschreibunterricht (Bild
1).
Im Literaturunterricht wurde z. B.aus der Besprechung eines Lesebuchtextes zum
Thema "Umgang mit Mutproben bei 14jährigen" und anschließendem
Stegreifspiel zu vorgegebenen Szenen ein Plakat erstellt.
In der neunten Jahrgangsstufe wurden zum Thema "Liebe und Eifersucht"
eigene Szenen geschrieben und ein kleiner Film gedreht (Bild 2 und 3).
In der sechsten Jahrgangsstufe ergaben sich aus der Besprechung von Märchen
Zeichnungen zu Märchenszenen,
die wiederum in den Übungen zur Ausatzart der Erlebniserzählung verwendet
werden können (Bild 4).
Aus einem Streitgespräch zwischen zwei Freundinnen über einen Buben, der dem
einen Mädchen nachläuft,
kann eine Einheit zur Einführung bestimmter Adverbialsätze in der siebten
Jahrgangsstufe werden.
Meine Kollegin und ich präsentierten auf dem Schulkongress die Ergebnisse
unserer Arbeit in Plakatform und
anhand eines Skripts (Auszüge im Anhang), in dem wir verschiedene
Möglichkeiten, Bewegung in den Deutsch-
unterricht zu bringen, darstellten.
Die Besucher/Innen unserer Präsentation, die zu einem Workshop wurde,
fanden sich anhand vorbereiteter Textschnipsel in sechs verschiedenen
Farben zu sechs Gruppen zusammen.
Der zusammengesetzte Text bot einen Auszug aus dem Jugendbuch "Die
Welle" von Morton Rhue, einer Lektüre in der siebten Jahrgangsstufe. Der
Textauszug enthält einen Konflikt zwischen einer Schülerin und
einem Schüler. Beide sind zwar befreundet, fühlen sich aber von einer neuen
Bewegung an ihrer Schule, die
faschistische Züge trägt, so unterschiedlich beeinflusst, dass es zum Streit
und zur vorläufigen Trennung
kommt.
Um die verschiedenen Arbeitsmethoden des bewegten Deutschunterrichts
praktisch zu erfahren, bekam jede
der sechs Gruppen einen eigenen Arbeitsauftrag. Es sollte ein Standbild gebaut
werden, ein Rollenspiel
entwickelt, ein Streitschlichtergespräch angespielt, eine szenische
Interpretation entwickelt sowie die
Bestimmung von Adverbialsätzen durchgeführt werden.
Die Aufstellung des Standbilds erwies sich als leichteste Aufgabe (Methodik
siehe Anhang).
Der Höhepunkt des Streits zwischen David und Laurie wurde von zwei
Teilnehmerinnen dargestellt. Beide stehen in der Haltung des Streits da und
erstarren für eine vorgegebene Zeit. Währenddessen können sie von anderen
Gruppenmitgliedern zu ihren Gefühlen befragt werden. Es ist auch
möglich, die Haltung der spielenden Personen zu verändern.
Führt man diese Methode mit einer Klasse durch, muss diese gut vorbereitet und
sensibilisiert werden. Erst
dann wird die nötige Bereitschaft sich mit Gefühlen literarischer Personen (u
U. auch anschließend mit
den eigenen Gefühlen) auseinanderzusetzen, vorhanden sein.
In der sich an die Gruppenarbeit anschließenden Diskussion standen die
Möglichkeiten von uns
Deutschfachkräften im Mittelpunkt, Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher
Jahrgangsstufen vor allem
in letzten Vormittags- und in Nachmittagsstunden zu motivieren.
Den Projektleiterinnen war bei ihrer Mischung aus Präsentation und Workshop der
Austausch mit den
Fachkolleginnen und -kollegen sowie Eltern und anderen Erziehungsberechtigten
sehr wichtig. Deutsch zu
unterrichten heißt heutzutage einen guten Mittelweg zu finden zwischen
herkömmlichen und neuen
Unterrichtsmethoden, der Vermittlung eines umfangreichen Lehrplanes, der
Förderung von Kreativität im
mündlichen und schriftlichen Sprachgebrauch sowie der Schulung von sozialer
Kompetenz und
emotionaler Intelligenz. Leider sind für diese vielfältigen Aufgaben in einer
Zeit des Rückgangs
familiärer Bindungen oft viel zu wenig Wochenstunden pro Jahrgangsstufe
vorhanden.
OStRin Angelika
Schäfer
LASSin Susanne Pfab
(zu weiterem Austausch über das Projekt über die Schuladresse gerne bereit)
ANHANG:
Auszug aus der Ideenkiste für den bewegten Deutschunterricht (Skript zum Schulentwicklungstag)
1)Standbild bauen:
Vorbereitung und Durchführung im Unterricht:
Wenn ein Thema gefunden oder vorgegeben ist, beginnt die eigentliche Bauphase
mit folgenden Spielregeln:
Der Erbauer des Standbildes (Regisseur) sucht sich diejenigen Personen aus, die
er für die jeweilige Rolle
in Bezug auf Geschlecht, Körperhaltung, Mimik etc. für geeignet hält. Er baut
mit diesen Personen Schritt
für Schritt das Bild auf, indem er die Haltung der Mitspieler so lange mit
seinen Händen formt bzw. sie ihnen
vormacht, bis sie die richtige Position eingenommen, die richtige Mimik gefunden
haben. Die Mitspieler müssen
sich dabei völlig passiv verhalten, sie dürfen sich nicht gegen bestimmte
Haltungen sperren.
Achtung: Während der gesamten Bau- und Betrachtungsphase wird kein Wort gesprochen!
Wenn das Standbild fertig ist, erstarren alle Spieler für ca. 60 Sekunden,
um sich selbst in die eingenommene
Haltung einzufühlen und den Beobachtern Gelegenheit zu geben, das entstandene
Bild auf sich wirken zu lassen.
Dann wird das Standbild beschrieben und interpretiert, hierbei kommen sowohl die
Beobachter als auch die Spieler und natürlich auch der Regisseur zu Wort.
Einsatzmöglichkeiten:
Interpretationen von einzelnen Charakteren und den Verhältnissen der Personen
zueinander können sehr gut
durch Standbilder, die die Schülerinnen und Schüler selber komponieren,
dargestellt oder problematisiert werden.
LITERATURLISTE aus oben genanntem Skript (in Auswahl):
LITERATUR ZUM THEMA BEWEGUNG
Bewegte Schule, Bd. 1;
Hg. Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus, Oktober 2000
Bewegte Schule Band 2;
Fachpublika Wehner Verlag München 2001
Fallschirmspiele für Jung und Alt (Klaus Hoyer);
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-404-4
Komm, beweg dich (Michael Hemm);
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-997-6
Yoga in der Schule (Elke Kragh);
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-278-2
LITERATURAUSWAHL ZUM THEMA DEUTSCHUNTERRICHT
Aufsatzformen verstehen - Deutsch 7. Schuljahr;
MANZ-Lernhilfen, ISBN 3-7863-1055-6
Praktix - Bausteine für Unterricht, Vertretungsstunde, außerschulische
Bildungsarbeit;
Beltz praxis, ISBN 3-407-62343-7
Deutsch, 7. bis 10. Klasse, Die neue Rechtschreibung - so klappt's sicher
(Hg. Brandl, E);
Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 1999
Deutsch innovativ 5./6. Jahrgangsstufe Bd. 2, (Hg. Müller, J., Post-Lange,
E., Rupprecht, H.);
pb-Verlag, Puchheim 2000
Deutsch integrativ 7. Jahrgangsstufe (Hg. Böttger, H.);
Pb-Verlag, Puchheim 2000
Freies Arbeiten am Gymnasium Bd. 1,(Hg. Lippert, G.); Materialien mit
Anregungen für die Durchführung
im Fach Deutsch, Teil A und B;
Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung, Dillingen, 1999
Die Fundgrube für den Deutsch-Unterricht ab Klasse 5, (Hg. Brenner, G.);
Cornelsen Verlag, Berlin, 1996
Diktatgeschichten (Hg. Erik Roeder);
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-047-2
Produktorientiert lernen und schreiben (Hg. Jochen Korte);
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-514-8
Schnuppertexte für Klasse 5-7, aus der Reihe Praxis Lesen;
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-673-X
Unterrichts-Einstiege Ein Studien- und Praxisbuch (Hg. Greving, J.; Paradies,
L.);
Cornelsen-Verlag, Berlin, 1996
Wie kann man nur? Unglaubliche Minigeschichten als Lese- und Schreibanlässe
(Hg. Gerd Rothfuchs);
AOL-Verlag, ISBN 3-89111-643-8